Raueiser Buchtipp
O'Nan, Stewart: Emily, allein
Emily Maxwell, eine Witwe, deren Kinder längst eigene Familien gegründet haben, führt ein ziemlich unspektakuläres Leben, allein mit ihrem Hund. Dann und wann trifft sie sich mit ihrer Schwägerin zum Essen, aber das ist es dann auch schon.
Als die bei einem gemeinsamen Frühstück zusammenbricht, wird für Emily alles anders. Sie verbringt ganze Tage damit, Besuche ihrer Enkel aufwendig zu planen, sie kauft sich ein kleines Auto, lernt, die bislang noch nie erfahrene Unabhängigkeit in vollen Zügen zu genießen. Auf einmal offenbart ihr das Leben neue Möglichkeiten. Eine alte Frau wie Emily meint jeder zu kennen, und doch wurde sie selten so einfühlsam und treffend porträtiert. Stewart O'Nan zeigt uns ihre kräftig in alle Richtungen ausschlagenden Gefühle des Bedauerns, des Stolzes, der Trauer, der Freude in völlig überraschenden Zusammenhängen. Indem er das scheinbar Gewöhnliche als etwas Außergewöhnliches enthüllt und sich heiter, ergreifend mit ernsten Themen wie Einsamkeit, Alter und nahem Tod befasst, schärft er den Blick des Lesers, sein Verständnis.